ÖDP-Forderung zwei Lehrkräfte pro Klasse
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05.07.2014 18:20 RE: ÖDP-Forderung zwei Lehrkräfte pro Klasse
Beitrag: #5
Eine zweite Lehrkraft kann z.B. dafür genutzt werden, mit einer Gruppe den Raum zu verlassen und mit dieser gesondert ein Thema zu bearbeiten, i.d.R. sind das dann Schüler mit besonderem Förderbedarf. Soll heißen: Der zunehmende Trend zu gemeinsamem Lernen und Inklusion führt zu Situationen, denen eine Lehrkraft nicht mehr gewachsen ist. Daher muss man sich etwas einfallen lassen. Die Klassenstärken zu halbieren halte ich auch für eine sehr gute Lösung, in der Praxis vielleicht sogar einfacher umzusetzen. Zwar gibt es Studien, die keinen messbaren Effekt kleinerer Klassen auf den Lernerfolg ausweisen, doch werden Lehrer in der Praxis schon beim Fehlen von zwei, drei verhaltenskreativen Schülern oft von einem wesentlich besseren Lernklima in der Klasse berichten können. Nebenbei: Eine Kollegin mit rumänischem Migrationshintergrund erzählte mir, dass sie in ihrer Heimat eine Klassenstärke von 40 hatten – und es funktionierte! Da sind wir wieder beim Thema Erziehung.
Neben dem Thema Erziehung halte ich auch Winterhoffs Thesen für bedeutend in diesem Zusammenhang. Er sieht das Problem weniger in der Erziehung, sondern darin, dass Erwachsene Kinder vermehrt nicht mehr als Kinder sehen, sondern als Partner, was seiner Meinung nach der psychischen Entwicklung der Kinder schadet. Ich glaube schon, dass der Politik die Probleme in den Schulen bewusst sind. Allerdings kann der Staat keinen Einfluss auf die Erziehung der Kinder nehmen bzw. auch nicht darauf einwirken, wie Eltern ihre Kinder sehen. Er kann gute Rahmenbedingungen für Familien schaffen, mehr aber auch nicht. Und da, wo er einwirkt, nämlich in der Schule, folgt er eher einem Zeitgeist, der die Probleme verstärkt oder schafft. Ich denke, man kann in der Schulpädagogik zwei Ausrichtungen erkennen. Die eine Ausrichtung setzt Differenzierung mit Diskriminierung gleich. Im Idealfall sollen alle Schüler zusammen lernen (Gemeinschaftsschulen, Inklusion total). Schule soll Spaß machen, Noten (vor allem Kopfnoten) werden als demotivierend und beschämend empfunden, Sitzenbleiben bringt nichts, die Schüler sollen möglichst frei und selbstbestimmt lernen. Frontalunterricht ist schlecht, alle Formen von Gruppenarbeit oder kooperativem Lernen sind gut. Hier steht der Schüler mit seinen Wünschen und Interessen im Mittelpunkt. Der Lehrer wird zunehmend eher als Coach und Lernpartner gesehen. Da fällt mir wieder Winterhoff ein... Die andere Ausrichtung setzt auf Differenzierung. Alle Schüler sind gleich viel wert, aber nicht gleich. Der gemeinsame Unterricht wird als problematisch angesehen, weil dieser letztlich keinem Schüler gerecht werden kann. Schule kann, muss aber nicht Spaß machen. Noten werden als schlichte Rückmeldung darüber gesehen, wie ein Schüler in einem Fach steht, sie sagen nichts über seinen Wert als Mensch aus. Sitzenbleiben kann in bestimmten Fällen notwendig sein. Der Lehrer ist als Planer und Gestalter des Unterrichts wichtig, er ist keinesfalls Partner des Schülers. Bedürfnisaufschub, Selbstkontrolle und Frustrationstoleranz müssen eingeübt werden. Die zweite Ausrichtung dürfte eher konservativen Menschen entgegen kommen. Sie kommt mit wesentlich weniger Glamour daher. Die erste Position dürfte eher einen progresseiven, linken Geschmack treffen. Sie hört sich moderner und visionärer an, einfach gut. In diesem Zusammenhang möchte ich nocheinmal einen interessanten Kommentar verlinken: CDU sagt linker Schulpolitik den Kampf an "Die Union hat es jahrzehntelang versäumt, sich offensiv zu dem zu bekennen, was die eigentliche Grundlage dieser Erfolge war: ein realistisches, konservatives Menschen- und Gesellschaftsbild, das von der Verschiedenheit der Begabungen ausging – also auch die Grenzen der Bildbarkeit junger Menschen bedachte." und "Die anhaltende Attacke gegen dieses gegliederte Schulsystem, der die Union nur ganz verhalten Widerstand leistete, wird dagegen getragen vom linken Gleichheitstraum der praktisch unbegrenzten Bildbarkeit aller Menschen. Der Akademisierungswahn, der daraus erwuchs, hat mittlerweile zu einer galoppierenden Inflation der Bildungsabschlüsse geführt. Und zum Gegenteil der gleichen Chancen, die sich Sozialdemokraten wünschen: nämlich zu einer wachsenden Zahl teurer Privatschulen, die tatsächlich jene Exklusivität schaffen, die das alte Gymnasium nie bedeutete." |
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ÖDP-Forderung zwei Lehrkräfte pro Klasse - rjmaris - 15.06.2014, 18:52
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