Pegida
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21.12.2014 00:28 RE: Pegida
Beitrag: #41
zum Thema „ökonomischer Druck“ (v.a. Beitrag #35 von rjmaris):
und als Ursache für den ökonomischen Druck steht wieder die politische Situation, die teils Resultat des ökonomischen Drucks bzw. der sozialen Situation ist. Teufelskreislauf. Meiner Meinung nach auch oft ein vorgehaltener Grund (vgl.: „Das ist nicht unsere Schuld, das ist eine EU-Verordnung“ von der Bundesregierung). Was mir in dieser Diskussion noch aufgefallen ist: Die Bevölkerung in Deutschland hat sich in Teilen so weit auseinander gelebt, dass die Diskussion miteinander schwierig geworden ist, weil die Weltbilder/Wahrnehmung des Zeitgeschehens so diametral verschieden sind. Beispiel ist der Vorwurf, die „linke Systempresse“ würde [irgendwelche Interessen] vertreten. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wo unsere Presse links ist (außer vielleicht taz und Freitag), während andere selbst die Süddeutsche Zeitung oder den Spiegel als (radikal/extrem/extremistisch) links einordnen. Und von Systempresse kann ich auch nicht reden. Sicher haben wir ein Problem mit der Unabhängigkeit der Medien und ihrer Fähigkeit, selbst kritisch zu recherchieren und ihre Position zu hinterfragen (Altantikbrücke und ähnliche Organisationen; unreflektierte Übernahme von Agenturmeltungen; …). Zitat:Letztlich könnte man sich an dem Positionspapier abarbeiten (und die themenfremden Teile wie z.B. zum Gender Maintreaming auslassen). Übertreibungen und unbegründete Ängsten begegnen, reale Probleme angehen. Davon merke ich aber nichts.(Jürgen Koll, Beitrag #39) trifft die aktuelle Situation ziemlich genau. Einige der Forderungen sind ganz berechtigt und es laufen eben nicht nur Nazis mit, sondern auch ganz normale Leute. Umgang der Politik ist „wir werden nicht verstanden“ statt „wir hören euch zu, um zu verstehen, warum ihr so demonstriert“. Eine Sichtweise, die eher „von oben herab“ als demokratisch ist. @ Jürgen Koll: Danke für die Links in #39. Ich finde zwar den Schlussatz im Artikel der Welt massiv überzogen, aber sonst ist der Artikel auch ganz gut. @Gast, #40: Darauf habe ich keine Antwort, die über das hinweg geht, was wir bisher zusammen getragen haben. |
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23.12.2014 21:20 RE: Pegida
Beitrag: #42
@Christian: Da gebe ich dir prinzipiell recht. Broder ist eben ein Polemiker. Wobei sich Stadtteile sehr schnell verändern können. Ich arbeitete um 1992/93 in Duisburg-Marxloh. Als ich etwa zehn Jahre später mal wieder da hin kam, hatte sich der Stadtteil sehr verändert. Wenn ich es zeitlich schaffe, muss ich da unbedingt mal wieder hin fahren...
Hier noch ein guter Beitrag von Günter Ederer. Abgesehen davon, dass ich seine Einschätzung zum westlichen Eingreifen in Syrien nicht teile, zeigt er Versäumnisse deutscher Politik und Probleme der (Grenzen der ) Integration gut auf. Allerdings vernachlässigt er die soziale Frage und auch das Wohlstandsgefälle auf der Welt komplett. Wie angedeutet würde ich mir wünschen, dass die ÖDP eine umfassende Analyse der Probleme und damit auch differenzierte Lösungen erarbeitet und kommuniziert. Damit sind wir bei Gasts Fragen nach konkreten Schritten. Diese können, denke ich, in diesem Themenstrang nicht diskutiert werden. Hier muss über internationale Politik, Entwicklungshilfe, Wirtschafts- und Sozialpolitik in Deutschland sowie Integrationspolitik und Fragen der inneren Sicherheit gesprochen werden. Insgesamt ist die ÖDP aus meiner Sicht in allen Fragen gut aufgestellt. Wobei ich aber, wie schon gesagt, finde, dass ihre Kommunikation nach außen eher den „sicheren Weg“ geht. Hier ein alter Bericht aus dem Spiegel zur vermeintlichen Islamisierung Deutschlands. |
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08.01.2015 20:39 RE: Pegida
Beitrag: #43
Jürgen Koll schrieb:
"Damit sind wir bei Gasts Fragen nach konkreten Schritten. Diese können, denke ich, in diesem Themenstrang nicht diskutiert werden. Hier muss über internationale Politik, Entwicklungshilfe, Wirtschafts- und Sozialpolitik in Deutschland sowie Integrationspolitik und Fragen der inneren Sicherheit gesprochen werden." Stimmt, aber grundlegende Ideen kann man schon andenken, wie z.B. ein Zuwanderungsgesetz mit Quoten: http://www.welt.de/print/die_welt/articl...erung.html |
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10.01.2015 10:24 RE: Pegida
Beitrag: #44
Dipl.-Ing. Martin Lenkeit ist PEGIDA-Demonstrant und wurde vom Deutschlandfunk zu seinen Beweggründen interviewt (O-Ton rechts oben anklicken):
http://www.deutschlandfunk.de/pegida-die..._id=308321 |
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10.01.2015 13:52 RE: Pegida
Beitrag: #45
Ich sehe es auch als problematisch an, dass bekannte Rechtsextreme bei Pegida mitgehen. Da wünsche ich mir auch eine wesentlich deutlichere Distanzierung von Seiten der Organisatoren von Pegida. Deshalb würde ich persönlich da nicht mitlaufen und – wie bereits gesagt – auch nicht auf die Idee kommen, die ÖDP solle mit dieser Bewegung in irgendeiner Weise zusammenarbeiten.
Allerdings tue ich mich auch mit den Gegendemonstrationen schwer. Die sind natürlich völlig in Ordnung. Ich gebe aber zwei Dinge zu bedenken: Wenn man Menschen vor Pegida warnt, weil dort unbestritten auch Rechtsextreme mitlaufen, sollte einem auch bewusst sein, dass bei den Gegendemonstranten Linksextreme und auch Vertreter z.B. von Milli Görüs mitlaufen (über den Islamrat und den Koordinationsrat der Muslime Unterstützer von "Wir stellen uns queer" in Köln). Man kann natürlich den Standpunkt von Heiko Maas haben: "Eine Frage, Herr Maas. Der Pegida wird ja vorgeworfen, Rechtsradikale in ihren Demonstrationen zu dulden – Sie demonstrieren heute gemeinsam mit Linksradikalen, wie geht das?" Der Justizminister schaut sich erstaunt um. "Wieso, wo sind denn welche?" Na, gleich hinter Ihnen, schauen Sie, da steht die Antifa. Er schüttelt den Kopf. "Ich habe hier meine SPD-Fahne und meine IG-Metall-Fahne, ich kann nicht jeden kennen, der hierhin kommt." (Quelle: DIE WELT) Dann sollte man aber auch bei Pegida-Mitläufern etwas mehr Milde walten lassen. Oder aber man sollte sich auch von der Antifa und Islamisten klar distanzieren. Zweitens sollte man auch darüber nachdenken, ob man stolz darauf sein kann, wenn man Andersdenkende daran gehindert hat, ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und Durchführung eines geplanten Demonstrationszuges wahrzunehmen, wie es zuletzt in Köln scheinbar geschehen ist. Gilt das Recht des Stärkeren in Deutschland? Dürfen nur die "Richtigen" Demonstrationszüge durchführen? Ich sehe hier ein gefährliches Denken, nämlich dass es in Ordnung sei, andere Menschen in ihren Rechten zu beschneiden bzw. sich über geltendes Recht hinwegzusetzen, wenn es einer „guten“ Sache dient. Man sieht sich selbst im Recht und bekanntlich heiligt der Zweck die Mittel. Allein dem Staat und seinen Vertretern steht es zu, bei Gesetzesübertretungen einzuschreiten und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Er hat das Gewaltmonopol. Genehmigte Demonstrationszüge durch Blockaden zu verhindern sehe ich als undemokratisch an. Demonstrationen und Demonstrationszüge sind in manchen Fällen schwer erträglich, z.B. wenn es die NPD betrifft. Solange diese Partei aber (leider) nicht verboten ist, muss man auch solche Demonstrationen ertragen und darf deren genehmigte Demonstrationszüge nicht blockieren. Gegendemos sind natürlich ok. Die Antifa zeigt in solchen Fällen ihr Toleranzpotenzial, das aber leider ähnlich schwach ausgeprägt ist wie das derer, gegen die sie vorgehen. Daher gehe ich i.d.R. auch nicht zu Demonstrationen, bei denen die anwesend sind. Ich würde aber nicht auf die Idee kommen, Menschen, die das anders sehen und die da mitmachen, als Linksextreme zu bezeichnen. Zu Gast aus Beitrag #43: Richtig, kann man. Aber man sollte in diesem Fall einen neuen Themenstrang z.B. mit dem Titel „Wie könnte ein Zuwanderungsgesetz für Deutschland aussehen?“ oder wie auch immer starten. Und man sollte nicht alles auf einmal besprechen. Dafür sind wir hier noch zu wenige. Ich selbst habe nächste Woche leider sehr wenig Zeit, sodass ich kaum dazu kommen werde, etwas zu schreiben... |
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12.01.2015 17:02 RE: Pegida
Beitrag: #46
@Jürgen Koll:
Zitat:Gilt das Recht des Stärkeren in Deutschland? Dürfen nur die "Richtigen" Demonstrationszüge durchführen? Ich sehe hier ein gefährliches Denken, nämlich dass es in Ordnung sei, andere Menschen in ihren Rechten zu beschneiden bzw. sich über geltendes Recht hinwegzusetzen, wenn es einer „guten“ Sache dient. Man sieht sich selbst im Recht und bekanntlich heiligt der Zweck die Mittel.Da treffen – abgesehen von den persönlichen Interessen, die du oben genannt hast – zwei konträre Interessen aufeinander: 1. Wahrung der Grund- und Menschenrechte (hier: Pressefreiheit) 2. Erhalt und Weiterentwicklung der Demokratie (Stichwort: Wehrhafte Demokratie) Eine demokratische Gesellschaft kann nur eine solche bleiben, wenn sie ihre eigene Demokratie verteidigt, auch gegen Nazis. Von daher sind diese Schritte meiner Meinung nach schon teilweise legitim. Natürlich ist jetzt aber die Frage, wie sehr die anderen Gruppierungen (Islamisten, Antifa) für unsere Demokratie schädlich sind. Bei den Islamisten ist das bestimmt so, bei der Antifa nicht unbedingt. |
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12.01.2015 17:57 RE: Pegida
Beitrag: #47
Stichwort "Wehrhafte Demokratie"
Da sehe ich den Staat in der Verantwortung, der durch Erlass und Durchsetzung entsprechender Gesetze demokratiefeindliche Elemente bekämpfen muss. Dass Bürger unterstützend auf die Straße gehen und gegen bestimmte Phänomene oder Gruppen demonstrieren, finde ich gut. Auch gegen Gegendemonstrationen habe ich nichts. Wenn ich jetzt aber Gruppen daran hindere, z.B. einen genehmigten Demonstrationszug durchzuführen, übe ich meiner Meinung nach Gewalt aus. Diese Gewalt bzw. diese Macht haben nur entsprechend große Gruppen. Daher setzt sich die zahlenmäßig überlegene Gruppe durch. Das ist für mich keine Weiterentwicklung der Demokratie, sondern das Gesetz der Straße. Sollte eine Demonstration dadurch auffallen, dass verbotene Zeichen gezeigt werden oder Reden gehalten werden, die gegen Gesetze verstoßen, oder die Demonstranten Gewalt ausüben, so hat die staatliche Gewalt unverzüglich einzugreifen. Das verstehe ich unter einer wehrhaften Demokratie. Dass aber irgendjemand bestimmt, wer die Straße entlang ziehen darf und wer nicht, ist für mich keine wehrhaft Demokratie mehr. Das Gewaltmonopol gehört dem Staat, keinen Linksextremisten, keinen Rechtsextremisten, keinen Islamisten und auch sonst keinem menschenverachtenden - jetzt hätte ich fast Pack geschrieben, das wäre aber nicht nett - Gruppen. Zum Stichwort Antifa: Die ist breit gefächert und wahrscheinlich sind nicht alle demokratiefeindlich, es gibt aber genug Seiten, wie z.B. indimedia/linksunten, deren Betreiber und Besucher meiner Meinung nach auf einer Stufe stehen mit Rechtsextremen. Wer glaubt, dass seine Meinung und Deutung der Welt so richtig ist, dass er zur Gewalt gegen Sachen und Menschen aufruft, hat das demokratische Spektrum verlassen. Man achte z.B. auf die - hier an anderer Stelle verlinkten - Gegendemonstranten beim Marsch für das Leben. Wie die sich gegenüber den friedlichen Demonstanten verhalten, wie sie diese verhöhnen, ihnen Kreuze wegnehmen, diese zerstören (und die gehören wahrscheinlich noch nicht mal alle zur Antifa). Damit haben die kein Problem. Das ist alles in Ordnung. Wenn aber bei einer Pegida-Demonstration eine Mohammed-Karikatur gezeigt würde, wie würden unsere linken Rechthaber wohl reagieren? Sie würden rasen! Ich glaube, dass wir in nicht so kleinen Teilen der Gesellschaft ein Demokratie- und vor allem Toleranzdefizit haben, zumindest dann, wenn der Bereich der eigenen Meinung überschritten wird. Hier ein Bericht über Demonstrationen in Deutschland, über die man sich auch aufgeregt hat, die aber bei weitem nicht so hohe Wellen geschlagen haben wie Pegida. Die ÖDP Bayern hat sich dazu übrigens klar geäußert. Der Bundesverband - damals noch unter Frankenberger - so weit ich weiß nicht: http://tapferimnirgendwo.com/2015/01/02/...nzlerin-3/ |
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12.01.2015 18:39 RE: Pegida
Beitrag: #48
"Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen."
Voltaire (1694-1778), frz. Philosoph u. Schriftsteller der Aufklärung Solange PEGIDA keine Anzeichen für die Abschaffung der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung zeigt, solange sind ihre Demonstrationen grundgesetz-konform, aber eben nicht politisch korrekt. Daher sind vermeintliche Blockaden bei der Ausübung des Demonstrationsrecht grundgesetz-widrig. Das GG ist bewusst WERTNEUTRAL, ob es der linken politischen Mehrheit passt oder nicht. Ja, so langsam lohnt sich mal wieder, die Geschichtsbücher über die Weimarer-Republik zu lesen! Geschichte wiederholt sich manchmal doch. Diese ganze Debatte von Pegida und Anti-Pegida gehört in ein pluralistisches Parlament und nicht auf die Straße! Schon allein um Kosten der Polizei-Einsätze zu sparen. Aber da sind wir ja wieder beim Demokratie-Defizit. Passt eigentlich der Name öko-DEMOKRATISCHES Forum noch? |
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12.01.2015 18:54 RE: Pegida
Beitrag: #49
Gast: "Ja, so langsam lohnt sich mal wieder, die Geschichtsbücher über die Weimarer-Republik zu lesen! Geschichte wiederholt sich manchmal doch."
Das Problem ist, dass vielen Menschen das Abstraktionsvermögen und die Fähigkeit zum Transfer fehlen. D.h. sie können Gelerntes nur 1 zu 1 übertragen, aber nicht auf ähnliche, neue Sachverhalte anwenden. Gast: "Passt eigentlich der Name öko-DEMOKRATISCHES Forum noch?" Ja, passt. Wir haben eben auch unterschiedliche Meinungen hier. |
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12.01.2015 19:01 RE: Pegida
Beitrag: #50
Das Interview mit dem Deutschlandfunk liest sich interessant. Und ist ein Beleg dafür, dass es auch genügend Leute bei Pegida gibt, die keine Nazis sind und sich kritisch mit den Leuten sowie der Kritik an ihren Demonstrationen auseinandersetzen. Das ermutigt.
@Gast: Die „linke Mehrheit“ halte ich für ein Gerücht. Ich halte Menschen mit linker politische Gesinnung für eine Randgruppe in Deutschland (wesentlich kleiner als 10%). Das tritt jetzt vielleicht wieder eine neue Diskussion hervor („Was ist links?“ bzw. „Was ist konservativ?“), die wir gerne in einem anderen Thread führen können. Nur so weit (damit ich nicht missverstanden werde): Ich halte die Mehrheit unserer Politiker weder für links (sonst wäre die soziale Schere nicht so extrem weit offen), noch für konservativ (vielen sind die Werte egal), liberal (Überwachungsstaat?) oder in irgend ein anderes politisches Schema passend, für das wir einen (mir bekannten) Namen haben. Die Bevölkerung scheint in der Masse desinteressiert bis desillusioniert bis gutgläubig-opportunistisch, aber keiner politischen Richtung zu passend. Und ich finde, dass die Diskussion gerade auch auf der Straße geführt werden sollte. So viel hat sich die Bevölkerung schon länger nicht mehr mit ernsthaften politischen Themen beschäftigt. Und breite Diskussionen sind für mich der Grundstein einer funktionierenden Demokratie. Stichwort „Wehrhafte Demokratie“ und die Verantwortung des Staates: Es gibt ganz andere Probleme, gegen die sich unsere Demokratie nicht wehrt (wehren kann?), z.B. Freihandelsabkommen/Korruption/Lobbyismus/etc. . Ich halte dieses Konzept der Wehrhaften Demokratie daher für pure Theorie. |
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