Pegida
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19.12.2014 10:17 RE: Pegida
Beitrag: #31
Heute eine Stellungnahme des Katholischen Erzbischofs von Bamberg:
http://www.nordbayern.de/ressorts/schlag...-1.4080823 Diese Sicht kann ich sehr unterstützen, und deckt sich auch teilweise mit einem älteren Beitrag von mir. Es ist zwar nicht "mein" Bischof, der da spricht, aber wo er recht hat, hat er recht. Und Heiner Geißler scheint hier irgendwas zu verwechseln. Oder er versucht, sich eine Erklärung zu konstruieren. Passiert ihm ja auch nicht zum ersten Mal. Gruß Christoph |
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19.12.2014 14:11 RE: Pegida
Beitrag: #32
Den Aussagen von Geißler (ist der Heiner Geißler gemeint, der bei Stuttgart21 Streitschlichter war?) muss ich (teils) wiedersprechen.:
1. Die Menschen demonstrieren vielleicht nicht gegen den Islam, aber gegen Ausländer. Natürlich geht es einigen Menschen in Deutschland wirtschaftlich schlecht, aber daran sind nicht die Ausländer schuld, sondern unsere eigene Politik. Was auf Pegida-Demonstrationen abgeht ist Außländerfeindlichkeit und damit völlig unakzeptabel. Erklären ja, verteidigen nein. 2. Distanzierung der islamischen Welt: Wahrscheinlich ist hier gemeint, dass die islamische Welt von „ihren“ Extremisten, den Islamisten, distanzieren soll. Da kann ich ihm zustimmen. Gleiches sollten „wir“ (die „christliche“/westliche Welt) mit unseren Extremisten tun. Warum es diese Pegida gibt, kann ich mir trotzdem noch nicht erklären. Dass Islamisten der Grund dafür sind, will ich bezweifeln. Ich habe eher den Eindruck, dass manche Leute irrationale Angst davor haben, dass sich die Kultur und der Genpool in unserem Land verändern könnte. |
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19.12.2014 17:07 RE: Pegida
Beitrag: #33
Was ist Pegida?
Kann in diesem Forum nicht erörtert werden. Allenfalls kann auf Quellen verwiesen werden. Sicherlich ist sie Anti-Ausländer. Tatsache ist, dass Pegida zwei Debatten initiiert hat: eine Islam- und eine Zuwanderungsdebatte. Wie mit Pegida umgehen? Die einen sagen Dialogbereitschaft, die anderen sind für ab- und ausgrenzen. - Reden ist vernünftiger als pauschal ausgrenzen, aber Prinzipien wie Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte sind nicht diskutierbar. Politische Konsequenzen? ZU-wanderungsgesetz mit Quoten Interessante Links: http://www.tagesschau.de/inland/deppendo...e-187.html http://www.deutschlandfunk.de/pegida-wie..._id=306030 http://www.stern.de/panorama/islam-debat...61268.html |
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19.12.2014 19:00 RE: Pegida
Beitrag: #34
Interessantes Interview von Pegida-Leuten: https://www.youtube.com/watch?v=DDkB09hxG2w
Wenn ich mir diese Aussagen ansehe, möchte ich zu dem Beitrag von Gast zu der Islam- und der Zuwanderungsdebatte noch die soziale Problematik (Altersarmut, Armut im Allgemeinen) dazu nehmen. Einigen von den interviewten Leuten stößt – zu Recht – auf, dass sie von ihrer Rente kaum/nicht leben können und Eltern ihren Kindern noch nicht einmal etwas schenken können, weil sie zu arm sind. Die Angst vor Islamisierung kann ich ansatzweise verstehen, sehe aber kein Problem oder gar eine Gefahr in Deutschland. Siehe auch https://blog.fefe.de/?ts=aa6e9f06 Die Angst vor Überfremdung kann ich überhaupt nicht verstehen. Wie kann man denn etwas gegen Fremde haben? Die sozialen Sorgen müssen wir unbedingt ernst nehmen. Aber anstatt gegen Ausländer/Zuwanderung zu demonstrieren in der Sorge, die Ausländer würden uns die Sozialleistungen wegnehmen, muss man die wahren Übeltäter zur Rechenschaft ziehen: Große Unternehmen und reiche Privatpersonen, die kaum Steuern zahlen sowie eine verfehlte Sozialpolitik (Hartz IV & co). Ich habe immer mehr den Eindruck, dass die soziale Situation auf Ausländerfeindlichkeit „gebündelt“ wird. Abgesehen davon: Zitat: Dahinter jedoch liegt die totale soziale Ausgrenzung, sowie die konkurrenz- und kommerzbasierte Entmenschlichung, die genau jene Phänomene hervorbringt, gegen die man sich oberflächlich betrachtet doch positioniert hat. Durch dieses Tarnkostüm kommt es dann auch dazu, dass die “PEGIDA”-Leute von den Mainstreammedien als einer “linksgerichteten Presse” sprechen, die sie diffamiere.(Zitiert aus http://www.maskenfall.de/?p=7229 ) |
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19.12.2014 21:11 RE: Pegida
Beitrag: #35
Christian: danke für den Blickwinkel der wirtschaftlichen Lage bei uns, u.a. mit den vielen Geringverdienern. Heute fiel mir wieder einmal auf, wie häufig eine ganze Reihe von Leuten auf Plakaten in Geschäften auf 450€-Basis gesucht werden.
Das Hartz-IV und das 450€-Modell (insbesondere zusammen) zeigen ihre destabilisierende Wirkung allmählich. Es ist etwas dran, wenn Pegida quasi eine Art Blitzableiterfunktion hat. Man darf nicht vergessen, dass in Sachen Löhne und Hartz-IV viele Leute resignieren, weil von oben immer die Standard-Widerrede "wir müssen auf die Löhne achten, weil die ausländische Konkurrenz eben billiger ist" kommt. Da ist Einwanderung ein Thema, bei dem man etwas bewegen kann. In einer NL-Zeitung las ich heute in einem Hintergrundartikel von Folgendem: wenn es den Massen schlecht geht, muss die Elite das Schlimmste fürchten. Ein seriöser Denktank-Repräsentant stellt fest, dass überall auf der Welt Eliten unter Druck stehen. Es wird diagnostiziert, dass ökonomische Probleme jeweils der wahre Grund für Ungemach darstellen, sei es in "Arabien", in China oder anderswo. |
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19.12.2014 21:20 RE: Pegida
Beitrag: #36
Nun, wenn ich meine beiden Vorredner recht verstanden habe, kommen wir also darauf zurück, was Gabi Schimmer-Göresz in ihrer PM schon anzusprechen versucht hat: Wo unsere wahren Probleme liegen.
Und das da Handlungsbedarf besteht - wer wöllte das bestreiten? Wie ich bereits angesprochen hatte: Die ÖDP muss ihr soziales Profil schärfen! Auf einer Klausur des Bundesvorstandes wird dieses Thema (hoffentlich) auch auf der Tagesordnung stehen. Termin Ende Februar. Es bleibt bei mir der Wunsch, dass mit der sich verbreitenden Weihnachts-Stimmung vielleicht auch ein wenig Weihnachts-Ruhe einkehren möge, und mancher der Demonstranten sich wieder in seine 4 Wände zurückzieht. Trotzdem wird Aussitzen des Problems alleine wohl nicht helfen. Gruß Christoph |
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20.12.2014 11:32 RE: Pegida
Beitrag: #37
Der Tagesschaubeitrag bringt in geballter Form einige Kommentare und Bewertungzu Pegida:
http://www.tagesschau.de/inland/pegida-z...t-103.html Ich denke auch, dass es nicht um Muslime und Angst von Islamismus geht. Maximal aufgrund des Verhaltens von IS und anderer Islamisten als Spitze des Eisbergs verschiedener seit längerer Zeit existierender unterdrückter mehr oder minder ausländerbezogener Ängste und Abneigungen, aber nicht im Kern. Es gab und gibt unbestritten in Deutschland Tabuthemen (Begriff und inhaltliche Bedeutung siehe Veröffentlichungen in namhaften Tageszeitungen und Wochenzeitungen) und davon haben jetzt einige ihren nicht mehr unterdrückbaren Artikulationskanal gefunden, der von einigen für ihre politischen Zwecke instrumentalisiert wird. Das Schlimme ist meiner Meinung nach außerhalb der rein inhaltlichen Diskussion, dass hier wieder einmal eine Menschengruppe pauschal zumindest verbal als Projektionsfläche und Scheinproblemgrund tiefsitzender ganz anders begründeter Bauchgefühle missbraucht wird. Trotzdem bleibe ich dabei: Es muss über die Ängste, Emotionen und Probleme offen und ideologiefrei geredet werden, die eigentlichen Probleme offen angesprochen, identifiziert und angegangen werden und dann der verbleibende Kern an politischer extremistischer und GG-feindlicher Ideologie demaskiert und bekämpft werden. Es sollte nicht mit den Totschlagargumenten der jahrelang üblichen Politischen Korrektheit alles nur in die Schmuddelkindecke verdrängt werden. Letztendlich werden wir nur schützen, was wir lieben. Wir lieben nur, was wir verstehen. Wir werden nur das verstehen, was man uns lehrt. (Original in Englisch von Baba Dioum ( Senegal) vor der Generalversammung der International Union for Conservation of Nature, New Delhi, 1968 ) |
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20.12.2014 21:13 RE: Pegida
Beitrag: #38
@Michael: Ich bemühe mal folgenden Vergleich: Man kann z.B. sagen, dass Bakterien quasi nebst allen anderen Funktionen und Disfunktionen uns auch dazu anhalten, hygienisch zu sein. So tragen auch "lästige" Vertreter (wie Wilders) und Organisationen (wie Pegida) dazu bei, dass wir z.B. falsch verstandener Toleranz (siehe eines meiner Beiträge oben) hinterfragen, bzw. unsere Hygiene besser beachten. Nun heißt das natürlich nicht etwas in der Richtung à la Ausländer raus, genausowenig, wie man beim Händewaschen die Bakterien los wird, sondern unter anderem dies, dass unsere Haltung ist, dass zur Integration etwas Anpassung eingefordert wird, und dies nichts mit Paternalismus o.ä. zu tun hat.
Das bleibt - bei aller Kontroverse - ein wesentlicher Punkt. Das muss man nicht mal konservativ nennen. Gleichwohl: Pegida kann m.M.n. nur so groß sein, weil Perspektivlosigkeit aufgrund von wirtschaftlichen Problemen tatsächlich ein (falscher) Sündenbock findet, siehe auch das Werk von René Girard zu "Sündenbock". Bevor ich diesen Beitrag angefangen habe, fand ich einen Beitrag vom Ökonomen Heiner Flassbeck zu Pegida. Flassbeck schreibt Vieles, mit dem ich in Sachen Wirtschaft einverstanden bin, aber er ist leider auch etwas einseitig. Hier ein Zitat aus dem betreffenden Beitrag auf seinem Blog: Zitat:Im Deutschlandfunk war dazu ein Interview mit dem CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer (MdB) zu hören, in dem er folgendes feststellt: „Aber ich bin auch der festen Überzeugung, wenn man sich die Statements der Demonstranten anhört, dann führen nur die wenigsten auch dieses Thema Islamisierung überhaupt im Munde. Was man häufig hört ist eine Frustration über die Politik, ist das Gefühl, unverstanden zu sein, vielleicht auch etwas zurückgelassen, verloren zu sein, auch abgehängt zu sein vom wirtschaftlichen Fortschritt …“. |
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20.12.2014 21:26 RE: Pegida
Beitrag: #39
Michael M. Schrieb:
„Trotzdem bleibe ich dabei: Es muss über die Ängste, Emotionen und Probleme offen und ideologiefrei geredet werden, die eigentlichen Probleme offen angesprochen, identifiziert und angegangen werden und dann der verbleibende Kern an politischer extremistischer und GG-feindlicher Ideologie demaskiert und bekämpft werden. Es sollte nicht mit den Totschlagargumenten der jahrelang üblichen Politischen Korrektheit alles nur in die Schmuddelkindecke verdrängt werden.“ Unterstütze ich nachhaltig! Fest steht für mich, dass Pegida ein Symptom vielschichtiger Probleme ist. Diese erfordern eine differenzierte Herangehensweise. Das sehe ich aber in vielen Teilen der Politik nicht. Die Reaktionen der Politik wie „Nazis in Nadelstreifen“, „Mischpoke“ oder „eine Schande für Deutschland“ hören sich eher panisch an, wenn man bedenkt, dass sie einer Bewegung gelten, die bisher gewaltfrei und weitgehend stumm mit einem offiziellen Positionspapier versehen, in dem sich nichts Rechtsradikales findet, protestiert. Mir sind auch noch keine Anzeigen, etwa wegen Volksverhetzung, bekannt. In den Medien liest man dennoch oft, dass Pegida z.B. gegen Flüchtlinge hetze. Dass da Neonazis mitlaufen, ist klar. Dass diese versuchen, die Stimmung für sich zu nutzen, ist auch klar. Der Initiator erscheint mir dubios. Ich habe mir noch keine Interviews mit Pegida-Demonstranten angeguckt. Da laufen sicher durchgeknallte Leute mit. Aber ob die Auswahl der befragten Menschen repräsentativ ist? Warum werden die Menschen und die Organisatoren nicht auf das Positionspapier angesprochen und darauf auch festgenagelt? Da steht was von Asyl ist Menschenrecht. Dann muss man doch wohl auch Flüchtlingsunterkünften positiv gegenüber stehen. Letztlich könnte man sich an dem Positionspapier abarbeiten (und die themenfremden Teile wie z.B. zum Gender Maintreaming auslassen). Übertreibungen und unbegründete Ängsten begegnen, reale Probleme angehen. Davon merke ich aber nichts. Da wird dann höchstens gefolgert, man müsse die Politik besser erklären. Die Leute sind also einfach zu dumm. Ändern muss man definitiv nichts. Die sozialen Probleme als eine Ursache für das Pegida-Phänomen sehe ich auch. Viel Dampf würde aus dem Kessel genommen, wenn die wirtschaftlichen Probleme, vor allem die extreme Ungleichheit in der Gesellschaft, gemildert würden. Noch wichtiger finde ich aber, die Ungleichheit auf der Welt (als Teilgrund für Migrationsbewegungen) zu thematisieren, wie das auch in der ÖDP-PM geschieht. Dabei müsste auch berücksichtigt und ehrlich angesprochen werden, dass uns die Beseitigung oder auch nur Abmilderung dieser Ungleichgewichte etwas kosten wird! Jedem von uns! Dennoch bleibe ich dabei. Die Politik muss sich auch mit Problemen und Fragen, die mit der Zuwanderung einhergehen, auseinander setzen. Da muss man nicht die Apokalypse heraufbeschwören, aber man muss sich der Realität stellen. Meine These, die ich hiermit wiederhole, ist, dass manche Gesellschaftsmodelle nicht kompatibel sind. In diesem Zusammenhang empfehle ich auch „Der Multikulti-Irrtum“ von Seyran Ates. Und hier ist dann doch die Politik gefragt. Lokale gesellschaftliche Kräfte (die bei der Integration sehr wichtig sind), sind hier überfordert bzw. zum Scheitern verurteilt. Christoph R. schrieb: Und mancher könnte zu dem Schlusskommen, in Vorra habe Pegida vielleicht geistig mit gezündelt??“ Könnte man. Und die Gefahr, dass Pegida ausländerfeindliche Ressentiments fördern könnte, will ich auch nicht abstreiten. Aber könnte man nicht auch zu dem Schluss kommen, dass eine Politik, die einerseits zu nationaler wie auch internationaler sozialer Spaltung, aber auch zu einem Heranwachsen von Parallelgesellschaften beigetragen hat, zündelt? Was sollen die Bürger tun? Weitgehend schweigend und bisher und hoffentlich auch weiterhin friedlich zu protestieren, ist da nicht die schlechteste Variante. Jetzt ist die Politik gefragt, sich diesem Symptom und den zugrundeliegenden Problemen zu stellen. Nur so wird es verschwinden. Ausgrenzen hilft nicht weiter. Darüber kann man auch mal nachdenken: Ein kleines Lexikon über den Umgang mit abweichenden Meinungen Hier noch mein Lieblings-Polemiker zu Pegida (enthält einen Link zu einem interessanten Buschkowsky-Text, bitte lesen!): Das deutsche Festival des Wahnsinns |
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20.12.2014 22:54 RE: Pegida
Beitrag: #40
Die Pegida-Debatte sollte noch, neben den Teildebatten Islam, Zuwanderung, Sozioökonomie, Migrationsursachen, um die Teildebatte Demokratie erweitert werden.
Die Anliegen von Pegida, gilt auch für ödp Themen, gehören zunächst in die Parlamente und nicht auf die Straße. Die 5%-Hürden verhindern, dass solche Themen, berechtigt oder unberechtigt, in die Parlamente getragen werden. Mit einem anderen Wahlrecht wären solche Themen schon viel früher behandelt worden und demzufolge wäre die Gesellschaft in der Abarbeitung viel weiter. Also muss man das geltende Wahlrecht in Frage stellen. Die Beträge hier im Forum sind sehr stark Zustandsbeschreibungen und die Standpunkte scheinen sich anzunähern. ABER Was soll den jetzt konkret in Politik umgesetzt werden? |
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