"Mehr Demokratie (e.V.)" oder mehr Demokratie?
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24.11.2014 20:49 "Mehr Demokratie (e.V.)" oder mehr Demokratie?
Beitrag: #1
Vorab: Die Körber-Stiftung ist eine Vorfeldorganisation der Tabakindustrie. Ihr Namensgeber (und Stifter) war NSDAP-Mitglied und Waffenproduzent für das Naziregime. Danach hat er sich auf Maschinenbau mit Schwerpunkt Tabakindustrie verlegt.
Seine Stiftung ist ein wichtiger politischer Akteur, sie wird nach wie vor durch Gewinne aus dem Geschäft mit dem Tod finanziert. Weiteres siehe http://www.kurtkoerber.de/kurt-adolf-koerber http://www.aktiv-rauchfrei.de/aktuell/1096 So weit, so unschön. Anfang 2014 hat Gregor Hackmack, Mitbegründer von Abgeordnetenwatch und seit kurzem Chef von Change.org, ein Buch über Demokratie und "Lobbykratie" geschrieben (siehe u.a. http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...65652.html ), welches, man glaubt es kaum, ausgerechnet die Körber-Stiftung verlegt hat: http://www.koerber-stiftung.de/edition-k...kmack.html Beim Verein Mehr Demokratie erschien eine sehr wohlwollende Rezension, die mit den Worten endet: "Es sollte viele Leser/innen finden, es sollte übersetzt und über Deutschland hinaus verbreitet werden, es sollte aufgrund von Reformen schnell aktualisiert werden müssen – und schließlich wäre es hilfreich, wenn die Körber-Stiftung weitere Bücher des Autors fördert." ( http://www.mehr-demokratie.de/demokratie...achen.html ) Mit andere Worten: Dass die Tabakindustrie bei uns für die Demokratie zuständig ist, finden die gar nicht problematisch. Übrigens gab es 2013 einen ähnlichen Fall: Der Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode sollte bei der Jubliäumsveranstaltung von Mehr Demokratie e.V. reden. Bode ist aber nicht nur "Verbraucherschützer", zwischendurch berät er auch schon mal British American Tobacco (BAT), den zweitgrößten Zigarettenhersteller sowohl auf dem deutschen als auch auf dem Weltmarkt, und streut Zweifel bezüglich der Schädlichkeit des Rauchens. http://www.rauchfreistudieren.de/resourc...e-2013.pdf Dass solche Doppelspiele der Demokratie wohl aber kaum förderlich sein können, ficht die Verantwortlichen des Vereins nicht weiter an: http://www.rauchfreistudieren.de/resourc...ratie.jpeg Die Frage ist also, was will eigentlich der Verein "Mehr Demokratie e.V." ? Für die Vollständigkeit hier noch mal der Link zum BGE-Antrag bei der Mehr Demokratie - Mitgliederversammlung 2012: http://www.rauchfreistudieren.de/resourc...082012.pdf Dieser wurde wie im Thread https://www.oedp-forum.de/bb/showthread.php?tid=90 berichtet abgelehnt. Interessant ist aber vielleicht noch, dass es nur zwei inhaltliche Gegenreden gab, alle anderen waren für das Bedingungslose Grundeinkommen, die Mehrheit meinte allerdings, dass das nichts mit Mehr Demokratie (e.V.) zu tun habe. Entsprechend wurde der Antrag bei vielen Enthaltungen und einiger Zustimmung mehrheitlich abgelehnt. Für mich stellt sich insgesamt die Frage, ob dieser (eigentlich sehr wichtige) Verein nicht selbst zu einer Art "Elitendemokratie" geworden ist und deshalb systematisch wichtige Grundlagen für Demokratie und auch kritische Beiträge dort schlichtweg ignoriert werden. Der BGE-Antrag hat ja ausdrücklich das Grundeinkommen als Demokratie förderndes Element der sozialen Sicherung ("Diäten für Alle" ) begründet, auch innerhalb des Vereins ist es so, dass nur einige hauptamtliche Funktionäre von ihrer politischen Arbeit leben können, dort gibt es dann wohl die selbe Asymmetrie wie in der BRD oder den politischen Parteien (bezahlte Funktionsträger oder Parlamentarier setzen die Agenda). Andererseits hält man es für unproblematisch, wenn Geld (oder geldwerte Vorteile wie Kontakte und Medienzugang etc.) auch von menschenverachtenden Organisationen wie Tabakkonzernen angenommen werden (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Agnotology ). Verbesserungen des Wahlrechts oder bei Volksabstimmungen sind m.E. sehr wenig wert, wenn einerseits die Menschen überhaupt keinen Spielraum für unabhängige politische Meinungsbildung und Aktivität bekommen - und andererseits durch wirtschaftliche Partikularinteressen verzerrte Manipulation der öffentlichen Meinung als Normalfall akzeptiert wird. |
n. oben |
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25.11.2014 09:14 RE: "Mehr Demokratie (e.V.)" oder mehr Demokratie?
Beitrag: #2
„Für mich stellt sich insgesamt die Frage, ob dieser (eigentlich sehr wichtige) Verein nicht selbst zu einer Art "Elitendemokratie" geworden ist und deshalb systematisch wichtige Grundlagen für Demokratie und auch kritische Beiträge dort schlichtweg ignoriert werden.“
Wo Menschen zusammen sind, menscheltes. Und wo Macht im Spiel ist, werden Menschen verändert. Alle Menschen sind gleich, aber manche sind gleicher. Warum sollte das in einer NGO besser sein? Von daher sind die Hintergrundinformationen hier sehr interessant. Allerdings wird es auch schwierig, wenn man grundsätzlich z.B. aus dem veröffentlichenden Verlag auf die Intention oder Glaubwürdigkeit des Autors schließen würde. Vielleicht hat er nicht gut genug recherchiert? Vielleicht war das Angebot zu verlockend (Neben Macht ist auch Geld eine starke verändernde Kraft) oder er versprach sich eine besseres Marketing als bei einem kleineren, politisch unbelasteten Verlag (wenn es denn einen solchen gibt)? Dennoch: Holzauge sein wachsam! Übrigens kann ich dem BGE nun doch etwas abgewinnen. Denn in der Tat könnte es das Hamsterrad, in dem sich viele mehr oder weniger befinden, verlangsamen und Zeit verschaffen, sich gesellschaftlich mehr zu engagieren. Das dürfe etwas sein, vor dem sich die „Eliten“ fürchten. Menschen, die sich einmischen... wie störend! |
n. oben |
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26.11.2014 00:27 RE: "Mehr Demokratie (e.V.)" oder mehr Demokratie?
Beitrag: #3
Mir ist übrigens noch etwas eingefallen zum Thema Mehr Demokratie e.V. und Big Tobacco:
http://www.mehr-demokratie.de/nichtwaehl...kraft.html Auch der "Zukunftsforscher" Horst W. Opaschowski ist ein Söldner der Tabakindustrie und gehört einfach nicht zitiert: http://de.wikipedia.org/wiki/Horst_W._Opaschowski (Diskussion zum Wikipedia-Artikel über die "Stiftung für Zukunftsfragen": http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:...ftsfragen) Dass die Leute von Mehr Demokratie nicht so richtig recherchieren, mit wem sie es zu tun haben, kann grundsätzlich sein. Allerdings ist wohl nach dem fertig recherchierten Hinweis auf die Verstrickung Thilo Bode - BAT und der überaus pampig-desinteressierten Antwort des Vorstandes wohl auch klar, dass sie es gar nicht so genau wissen wollen. |
n. oben |
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12.12.2014 23:56 RE: "Mehr Demokratie (e.V.)" oder mehr Demokratie?
Beitrag: #4
Gregor Hackmack hat sich jetzt öffentlich geäußert zu seinem Engagement bei Big Tobacco's Vorfeldorganisation:
"@Bernhard: Die Körber Stiftung genießt in Hamburg ein großes Renomee und ich habe auch schon an Veranstaltungen des Körber Forums in Hamburg sowohl als Gast als auch als Referent teilgenommen. z.B. am vergangenen Montag (zusammen mit Heribert Prantl): http://www.koerber-stiftung.de/mediathek.html Die Körber Stiftung ist eine unternehmenstragende Stiftung. Das heißt sie ist nicht Teil eines Unternehmens, sondern ihr gehören Unternehmen. Als Eigentümerin der Körber AG und damit auch der Hauni Werke in Bergedorf verdient die Stiftung einen Teil ihres Geldes in der Tat mit der Herstellung von Zigarettenmaschinen. Da die gemeinnützigen Stiftungstätigkeiten der Körber Stiftung aber in keiner Weise zugunsten der Tabakindustrie ausgerichtet sind oder die Stiftung gar versucht, die Debatte über den Tabakkonsum zu beeinflussen, sehe ich hierin kein Problem." (https://netzpolitik.org/2014/petition-mi...t-1668951) Interessant ist aber auch der Aufhänger der Diskussion, da geht es nämlich um einen kritischen Artikel in der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/gr...4099.html) über die Finanzierung der Kampagnenplattform Change.org. (https://netzpolitik.org/2014/petition-mi...t-1668337) |
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