TTIP, CETA und... TISA!
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11.05.2014 18:56 TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #1
TTIP ist ja schon etwas länger in der Diskussion, wenn es auch leider von manchen Seiten auf "Chlorhähnchen und noch ein bisschen was" reduziert wird (nach dem Motto "Was regt ihr euch so auf?"). Doch ziemlich unbemerkt wird derzeit ein fast noch schlimmeres Abkommen verhandelt, nämlich TISA. Ziel ist es, öffentliche Dienstleistungen irreversibel(!) privatisieren zu können und Leiharbeit international zu fördern.
Mehr dazu einmal aus dem ORF, das im Gegensatz zu den hiesigen Medien seinem Informationsauftrag hier nachkommt: http://orf.at/stories/2228120/2228147/ Und nochmal als (zugegebenermaßen etwas flapsiges) Video: https://www.youtube.com/watch?v=PZgP8mGSt8s Und eine Petition dazu gibt es seit gestern auch schon, und zwar gestartet von keinem geringeren als unserem EU-Spitzenkandidaten: https://www.change.org/de/Petitionen/deu...en-stoppen Da das wirklich ein GANZ dicker Hund ist (ums mal mit dem Video zu sagen), bitte ganz dolle alle informieren die ihr kennt und auf die Petition hinweisen. Das MUSS unbedingt in die Presse und dort breit diskutiert werden, mindestens genauso wie TTIP! (Info: Links repariert, Auto-Erkennung funktionierte nicht, weil vor http kein "richtiges" Leerzeichen war - rjmaris) |
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11.05.2014 19:59 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #2
Vielen Dank für den Hinweis! War mir auch bisher entgangen, dass da weitergemauschelt wird.
Der Petitionsaufruf liefert leider sehr wenige Informationen, daher aus meiner Google-Recherche einige Links: http://www.taz.de/!137463/ https://www.piratenpartei.de/2014/03/27/...t-es-tisa/ https://www.wko.at/Content.Node/service/...-TISA.html Letztendlich werden wir nur schützen, was wir lieben. Wir lieben nur, was wir verstehen. Wir werden nur das verstehen, was man uns lehrt. (Original in Englisch von Baba Dioum ( Senegal) vor der Generalversammung der International Union for Conservation of Nature, New Delhi, 1968 ) |
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11.05.2014 20:17 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #3
Danke für den Link von der Wirtschaftskammer, den hatte ich bisher noch nicht entdeckt. Dafür gibts im Deutschlandradio noch ein Interview mit Ska Keller über TISA:Â
http://www.deutschlandradiokultur.de/han..._id=283940 Sowas erfährt man halt meist doch eher über Facebook. Rayk Anders hatte das Thema ausgegraben und Klaus Buchner, der bei ihm schonmal in einer Art Talkshow zu Gast war, hatte das entdeckt und auf Facebook verbreitet. Und jetzt hat die Petition immerhin schon 1000 Unterschriften am zweiten Tag. Für ein Thema, das zuvor kaum einer kannte und eine Petition, die vom Spitzenkandidaten einer unbedeutenden Kleinpartei gestartet wurde, ist das doch schonmal ein guter Anfang. Wohlgemerkt, ein guter ANFANG. ;-) |
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11.05.2014 22:05 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #4
Ich bin grad auf den TiSA-Bericht von Public Services International (PSI) gestoßen (PDF-Datei), der wohl auch Grundlage der hier schon erwähnten Medienartikel war. Leider habe ich nicht die Zeit, den ganzen Bericht durchzulesen, aber die gelesenen Ausschnitte rechtfertigen durchaus die Verwendung von Fäkalwörtern - zurückhaltend formuliert. ;-)
http://www.world-psi.org/sites/default/f...al_web.pdf |
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11.05.2014 22:17 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #5
Wieder ein heißes Eisen? Allmählich reicht es aufgrund der Geschichten um ACTA und das noch laufende TTIP, um das Vertrauen zu den Institutionen nachhaltig zu zerstören, jedenfalls empfinde ich es so. Wie geheim das Thema bislang behandelt wird kann ich (noch) nicht beurteilen. Immerhin setzt das ORF einen Link zu einer EU-Veröffentlichung von Anfang 2013.
In einem Wikipedia-Beitrag zum GATS (was ist der genaue Zusammenhang mit dem TiSA?) findet sich Folgendes: Zitat:Unerwünschterweise sind die Forderungen [2] der EU wie auch die Angebote [3] an die EU an die Öffentlichkeit gekommen und haben für Unmut gesorgt, da u. a. von den USA gefordert wird, im Bildungssektor zu privatisieren.Irritierend, was hier von den USA zitiert wird. Das mit den in die Öffentlichkeit geratenen Forderungen ist eine Sache, die wohl mit gatswatch.org zu tun hat. Die Piraten haben auch eine Petition laufen gehabt (direkt im Bundestag), aber der ist erfolglos beendet. Da zum gleichen Thema nicht noch mal in der gleichen Legislaturperiode "petitioniert" werden kann - "Die Regeln des Petitionsausschusses nämlich besagen, dass dort ein konkretes Anliegen pro Legislaturperiode nur in jeweils einer Petition behandelt werden darf." - bin ich mir nicht sicher, ob die neue Petition überhaupt geht (es spielt keine Rolle, ob es über change.org läuft oder direkt über den Bundestag, scheint mir). Warum Buchner wie es aussieht mehr Erfolg mit der Petition hat? Liegt es daran, dass die Piraten einen sachlich-trockenen Ton hantiert haben? Jedenfalls werde ich in Ruhe etwas mehr Informationen heranziehen, bevor ich meine Meinung zum Thema bilde. |
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11.05.2014 22:34 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #6
TiSA ist wohl ein Nachfolgeabkommen von GATS, und eine Verschlimmerung habe ich in dem PSI-Bericht schon rausgelesen. Während bei GATS noch öffentliche Monopole (wieder)hergestellt werden konnten, wenn der Staat als Gegenleistung andere Staaten woanders privatisieren ließ, soll dieser Rest an noch vorhandener Flexibilität durch die Gatchet-Klauseln im TiSA-Abkommen wohl verschwinden. Eine Rekommunalisierung wäre damit nichtmal mit irgendwelchen Gegenleistungen an die Dienstleistungsindustrien möglich, für die würde damit gelten "vorwärts immer, rückwärts nimmer" (sorry Erich, dass du ausgerechnet dafür herhalten musstest
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12.05.2014 15:38 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #7
Am vergangenen Samstag gab es auf dem Landeshauptausschuss (aka kleiner Parteitag; ÖDP Bayern) einen Antrag, sich gegen diese Abkommen auszusprechen. Eingereicht wurde er so:
Zitat:Antrag an den Landeshauptausschuss der ÖDP Bayern am 10.5.2014(unterschrieben durch Klaus Mrasek, Agnes Becker, Jörn Rüther, Urban Mangold) Ich finde, die Begründung fasst recht verständlich die Problematik von TTIP zusammen. TISA (Problem: Einschränkung der kommunalen Handlungsfreiheit durch Druck von (internationalen) Konzernen) und CETA (ähnlich TTIP, jedoch zwischen EU und Kanada statt EU/USA) wurden dort auch in der Rede von Klaus Buchner und anschließend diskutiert. Der Antragstext (nicht die Begründung) wurde dann noch so abgeändert: Zitat:Die bayerische ÖDP fordert, die laufenden Verhandlungen über die Freihandelsabkommen TTIP, TISA und AKP einzustellen und das fertig verhandelte CETA-Abkommen nicht zu ratifizieren. Freihandelsabkommen, die soziale und ökologische Standards gefährden und staatliches Handeln durch von Konzernen dominierte Schiedsstellen einschränken, lehnen wir kategorisch ab. EDIT: unter http://wahlen.oedp.de/aktuelles/freihand...nfos-ttip/ ist ein weiterer Artikel dazu von Klaus Buchner online. |
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12.05.2014 21:03 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #8
Der Antrag der bayerischen ÖDP betrifft nur TTIP, nicht TiSA (zitierte Fassung). Beim TTIP ist nicht alles schlecht was drin steht. Das ändert aber nichts daran, dass TTIP erst aufgrund der Arbeit von wachsamen NGO's - wenn es denn umgesetzt wird - ausgewogener wird. Wer einen Überblick von positiven Argumenten für TTIP zur Kenntnis nehmen möchte, verweise ich auf die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V., und zwar diesem Beitrag. Allerdings: eine der Autorinnen ist zwar dem DGAP verbunden, die zweite Autorin aber der BDI.
Die Sache mit den Schiedsgerichten nimmt im Antrag breiten Raum ein, obwohl gerade dieser Punkt von Seiten der EU erst mal in den Beratungen ausgeklammert wurde. Dass die Klagemöglichkeit nur einseitig ist erklärt sich aus der Historie bilateraler Verträge. Wenn man das zur Kenntnis nimmt, wird das plausibler: Deutschland hat bilaterale Verträge mit zahlreichen Staaten, deren Rechtsstaatsstandard nicht so ausgeprägt ist wie bei uns. Zu denken ist z.B. an Enteignungsgefahren durch Staatswillkür. Solche Verträge sind dann notwendig, um Investitionen ins Ausland den Weg zu bereiten. Klar ist gleichwohl, dass es beim TTIP selbstverständlich nicht dazu kommen darf, dass Staaten ohne triftige Gründe benachteiligt werden. Das Wort "Konzerndiktat" ist unglücklich gewählt, weil suggestiv. Besser wäre hier etwas wie "Konzerninteressen" gewesen. Ich verweise an dieser Stelle gern auf ein offenes ATTAC-Schreiben vom 18.9.2013 (betreffend TiSA!), das ausführlicher und zugleich sachlicher ausfällt. Eine Sache noch: wenn etwa Rekommunalisierungen durch neue Verträge erschwert oder unmöglich gemacht werden sollen, so ist dies in keinster Weise hinnehmbar. Sinngemäß auch bei Beeinträchtigungen der Daseinsvorsorge. Im Übrigen: es gibt für die ÖDP eigentlich ein ganz simples Argument gegen TTIP: wir wollen kein Wirtschaftswachstum, also brauchen wir kein TTIP. Etwas anderes ist die Frage der Standards, da ist es schon gut, dass Vereinheitlichungen angestrebt werden. |
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26.06.2014 23:46 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #9
Edda Müller (Transparency International), die zuletzt auch mit einem aus einem anderen Blatt übernommenen Beitrag in ÖkologiePolitik vertreten war, wird in der Zeit interviewt. Was sie sagt ist sachlich und klar. Einige Zitate daraus folgen nun.
Zum Verbraucherschutz: Zitat:Müller: Aus den Verhandlungspapieren geht hervor, dass Testverfahren und Zertifikate für Produkte überprüft und gestrichen werden sollen. Man überlässt damit die Kontrolle gefährlicher Produkte dem einzelnen Bürger. Das hat in den USA System: Dort müssen Verbraucher selbst ihre Rechte mithilfe gerichtlicher Einzelentscheidungen durchboxen. Wir kennen das aus Medienberichten über geradezu abenteuerliche Schadenersatzforderungen. Anstelle von generellen Regelungen treten singuläre Verfahren. Das ist sehr problematisch, weil der Staat damit seine Verantwortung abgibt.Punkt für die EU-Handhabe. Zur Klagerecht von Konzernen gegenüber Staaten: Zitat:Müller: Solche Vereinbarungen hat man mit Ländern getroffen, in denen nur schwache rechtstaatliche Systeme bestehen. Dadurch soll Unternehmen eine Sicherheit geboten werden, wenn sie in Entwicklungsländern investieren wollen. Aber zwischen den USA und den EU-Mitgliedstaaten sollte absolut klar sein, dass hier die bestehenden rechtstaatlichen Strukturen benutzt werden. Wir haben in Deutschland etwa den Bestandsschutz für einmal genehmigte Anlagen. Auch die Regierung kann nicht in kürzester Zeit sagen, jetzt haben wir uns das anders überlegt. Ähnliche Regeln gibt es in den anderen EU-Staaten auch. Deshalb braucht man keine Sonderschiedsverfahren.Gut, dass sie den historischen Kontext benennt. Und mit Ihren Anmerkungen macht sie klar deutlich, dass wir dieses extra Klagerecht aufgrund der bewährten Rechtsstaatlichkeit nicht brauchen. Und hier ein potenzieller Kuhhandelsache: Zitat:Es könnte sein, dass man eine Zustimmung des britischen Premier David Cameron für den Kandidaten Jean-Claude Juncker dadurch erhält, indem man Großbritannien den Posten des wichtigen EU-Handelskommissars anbietet. Für die TTIP-Verhandlungen würde dies bedeuten, dass die Position der Amerikaner eher gestärkt wird. Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-06/tt...herschutz/ |
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29.06.2014 09:28 RE: TTIP, CETA und... TISA!
Beitrag: #10
[font=Helvetica, Arial, 'lucida grande', tahoma, verdana, arial, sans-serif]Das Mandat für die TISA- Verhandlungen haben in Deutschland CSU, CDU, SPD, FDP und Grüne erteilt mit ihrer Zustimmung zum Vertrag von Lissabon. Denn da ist geregelt, dass etwas auf diese Art behandelt werden darf, da die gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik in di[/font][font=Helvetica, Arial, 'lucida grande', tahoma, verdana, arial, sans-serif]e alleinige Zuständigkeit der EU- Kommission fällt. Wie schon bei der "grünen Gentechnik" - die ja nicht umsonst so heißt - wenden sich hier die Grünen gegen etwas, was diese selber geschaffen oder mindestens durch Enthaltung zugelassen haben. [/font]
[font=Helvetica, Arial, 'lucida grande', tahoma, verdana, arial, sans-serif]Hier das bisher vertrauliche EU- Dokument zu diesen Verhandlungen:[/font] http://www.ttip-leak.eu/de/start.html |
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