Warum ist Jesus und das Christentum bei Linken (aber nicht nur bei denen) unbeliebt?
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20.04.2014 13:38 Warum ist Jesus und das Christentum bei Linken (aber nicht nur bei denen) unbeliebt?
Beitrag: #1
Angesichts dieser scharf linken Meldung =43808&tx_ttnews[backPid]=136&cHash=7ee30eb04e]http://www.scharf-links.de/90.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=43808&tx_ttnews[backPid]=136&cHash=7ee30eb04e zur möglichen Bildung einer Ausschussgemeinschaft von Die Linke und ÖDP in München wurde in ödp-vernetzt die Frage aufgeworfen, warum die Linken so gegen das Christentum sind.
Eigentlich müssten Linke Jesus einiges abgewinnen können. Heiner Geißler hat in seinem Buch „Was würde Jesus heute sagen?“ viel geschrieben, was (nicht nur) des Linken Herz erwärmen müsste. Und auch wenn man sich DER Quelle für Jesus und das Christentum zuwendet, wird man feststellen, dass in der Bibel sehr viel über Gerechtigkeit geschrieben steht, mehr als in manchen Kirchen thematisiert wird. Die Armen und Ausgegrenzten sind es, die Gott besonders am Herzen liegen. Woher rührt aber dann die mitunter feindschaftliche Haltung vieler Linker (aber nicht nur dieser) gegenüber Jesus und dem Christentum? Nun, zunächst macht die Kirche nicht immer die beste Figur. Der Prunk der katholischen Kirche, die Kreuzzüge, die Verlogenheit mancher Kirchenmänner, insbesondere einiger Päpste, Kindesmissbrauch in der Kirche, die Liste ist nahezu endlos... aber auch bei den anderen findet man natürlich genug Dreck... Ich denke die Abneigung liegt tiefer. Im alten Forum meinte ein Schreiber mal, dass Jesus heute bei der Linken wäre. Ich habe dem damals widersprochen. Jesus als sehr sozialer Mensch würde bei Linken und vielen anderen noch durchgehen. Dummerweise wird das seiner Person nicht gerecht. Er selbst hatte da mehr im Sinn. Ich glaube, er wäre wie damals überall zu finden: bei den Pharisäern, den Huren, den Zöllnern, den ganz normalen Leuten. Und wie damals würde er die Erwartungen, die die einzelnen Gruppen an ihn haben, enttäuschen (sehr wahrscheinlich auch die vieler Christen). Er würde zwar soziale Missstände ansprechen (was die Linken freuen würde), er würde aber auch persönliches Fehlverhalten ansprechen (was keinen freuen würde), er würde uns auffordern, ihm nachzufolgen (was viele wie damals dazu brächte, sich umzudrehen und wegzugehen, während die anderen mehr oder weniger hinterher stolpern würden), er würde sich nicht an eine politisch korrekten Sprachgebrauch halten, und er würde wieder sagen: "Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben! Ohne mich kann niemand zum Vater kommen." (Johannes 14,6) Und damit hätte er ein echtes Problem. Das Gott-Ding ist für viele ein rotes Tuch: diskriminierend, ausgrenzend, intolerant! Diejenigen, die noch ein bisschen mit Religion anfangen können, würden ihm möglicherweise eine Bibel in gerechter Sprache geben und ihm erklären, wie er seine Botschaft zu verstehen habe, welche Teile in Ordnung sind und welche er tunlichst aussparen sollte oder aber politisch korrekt umzuformulieren hätte. Ich glaube, was nicht nur viele Linke fuchst, ist, dass Jesus uns alle anspricht, also auch sie. Dass Kapitalisten schlechte Menschen sind, damit könnten sich viele Menschen arrangieren, nein, sie würden standing ovations geben. Kapitalisten (Feinde) zu lieben, das wäre schon sehr viel verlangt, ihnen zu vergeben nahezu unmöglich. Wer die Bergpredigt liest, muss sich ertappt fühlen. Die Ansprüche, die Jesus hier stellt, sind enorm. Selbst in sozialen Angelegenheiten dürfte die Bibel vielen zu radikal sein. Zwar hören wir alle sehr gern, wenn Reiche (das sind alle, die mehr haben als wir) den Armen etwas abgeben sollen. Aber wenn wir selbst (die wir ja keinesfalls reich sind) in den Blickpunkte geraten (Wer zwei Hemden hat, soll dem eins geben, der keins besitzt, Lukas 3, 11) ist das eine ganz andere Sache. Aber damit ist die Zumutung ja noch nicht am Ende. Niemand kann vor Gott bestehen (auch kein Linker), Jesus nennt die Menschen böse. Nicht die Schaffung guter und gerechter gesellschaftlicher Verhältnisse (bei der dann schon mal ein paar Millionen Menschen, die diesen guten Verhältnissen im Weg stehen, auf der Strecke bleiben können) wird letztlich die Erlösung bringen. Der Mensch versucht den Menschen zu ändern, ihn zu einem besseren „neuen Menschen“ zu machen (man denke z.B. an Schule in totalitären Systemen). Dabei wird er aber immer scheitern. Die Ursache der Ungerechtigkeit auf der Welt ist der von Gott gelöste Mensch, der ungerechte Strukturen schafft (welcher Farbe auch immer). Der Gedanke selbst das Problem zu sein bzw. eins zu haben, Vergebung und Erneuerung von einem göttlichen Wesen zu brauchen, sich selbst und die Welt nicht erlösen zu können, behagt vielen Linken (aber nicht nur denen) nicht. Es ist ein Ärgernis. P.S.: Er ist auferstanden!!! |
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20.04.2014 18:08 RE: Warum ist Jesus und das Christentum bei Linken (aber nicht nur bei denen) unbeliebt?
Beitrag: #2
Sehr schön auf den Punkt gebracht, Jürgen. Danke dafür!
Bei der Bibel in gerechter Sprache musste ich jetzt auf einmal denken an die Diskussion um z.B. den Negerkönig in Pippi Langstrumpf... Und was die Pflicht der Reichen betrifft, den Armen zu geben, ergänze ich mit dem Beispiel der Frau, die nur eine kleine Münze gegeben hat, und Jesus dann etwa sagt, dass das alles sei, was sie besitzt. |
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20.04.2014 20:49 RE: Warum ist Jesus und das Christentum bei Linken (aber nicht nur bei denen) unbeliebt?
Beitrag: #3
Zitat: Die Ursache der Ungerechtigkeit auf der Welt ist der von Gott gelöste Mensch, der ungerechte Strukturen schafft (welcher Farbe auch immer). Der Gedanke selbst das Problem zu sein bzw. eins zu haben, Vergebung und Erneuerung von einem göttlichen Wesen zu brauchen, sich selbst und die Welt nicht erlösen zu können, behagt vielen Linken (aber nicht nur denen) nicht. Glaube kann Leitplanken für individuelles Verhalten geben und verhindern, dass sich der Einzelne sich selbst und seine Ansichten als Maßstab definiert und glaubt, alles frei gestalten zu können. Es ist aber für mich die Frage, ob das nur für den christlichen Glauben gilt. Glauben ist eine persönliche Angelegenheit. Ich bin für eine strikte Trennung von Kirche und Staat/Politik. Der Grund ist einfach: Leider ist die persönliche Unterordnung unter einem göttlichen Wesen oft de facto gleichbedeutend mit Unterwerfung unter diesbezüglich einen Alleinvertretungsanspruch und Machtansprüche habende Institutionen und deren menschliche Würden- und Funktionsträger. Bleibt die Frage, was Sie unter dem Gegenstück von Ungerechtigkeit auf der Welt verstehen. Sozialistische Gleichheit? Chancengerechtigkeit? Letztendlich werden wir nur schützen, was wir lieben. Wir lieben nur, was wir verstehen. Wir werden nur das verstehen, was man uns lehrt. (Original in Englisch von Baba Dioum ( Senegal) vor der Generalversammung der International Union for Conservation of Nature, New Delhi, 1968 ) |
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29.04.2014 19:56 RE: Warum ist Jesus und das Christentum bei Linken (aber nicht nur bei denen) unbeliebt?
Beitrag: #4
Die Trennung von Kirche und Staat halte ich ebenfalls für sehr wichtig. Auch ein „christlicher Gottesstaat“ würde nicht funktionieren und dürfte in einem Fiasko enden. Ich finde auch nichts in der Bibel, was darauf hindeutet, dass ein solcher angestrebt werden sollte.
Das Gegenstück von Ungerechtigkeit auf der Welt? Das kann ich nicht definieren. Ich glaube, dass wir uns auf dieser Erde dem Ideal Gerechtigkeit nur annähern können. Zu vielschichtig sind die Dimensionen dieses Begriffs (Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit, Besitzstandsgerechtigkeit,...), zu egoistisch sind wir Menschen, als dass wir Gerechtigkeit schaffen könnten. Dennoch können wir uns sicher auf einige Punkte einigen, die wir als ungerecht empfinden, z.B. Hunger, Krieg, Verfolgung... Und schon die Ausmerzung der drei genannten Beispiele schafft die Menschheit nicht. Demokratie empfinde ich – bei all ihren Problemen – in Zusammenhang mit Gewaltenteilung und größtmöglicher Machtbegrenzung für Einzelne als die Staatsform, die sich am besten eignet, sich dem Ideal Gerechtigkeit anzunähern. Sozialistische Gleichheit halte ich für denkbar ungeeignet, eine gerechte Welt zu erreichen. Gleichheit bedeutet für mich nicht automatisch Gerechtigkeit. Zudem ist sie nie zu erreichen. Und je weiter man sich der Gleichheit annähert, desto größer muss der Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen werden. Vielmehr halte ich größtmögliche Freiheit des Einzelnen bei gleichzeitiger Verantwortung für sich und seine Umwelt und Chancengleichheit (die aber auch nie erreicht werden kann, der man sich ebenfalls nur annähern kann) für wichtig. Solidarität ist ebenfalls wichtig, damit eine Gesellschaft Bestand haben kann. Aber auch hier kann man sich wieder streiten, wie weit diese gehen soll, kann oder muss. Wir werden es nie allen recht machen können. |
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